Dass man Hörgeräte vergleichen soll, liest man immer wieder. Warum das tatsächlich wichtig ist, wollen wir in diesem Beitrag diskutieren.

Als neuer Hörgeräteträger hat man erst einmal wenig bis kaum eine Ahnung davon, was auf einen zukommt. Da wir es mit einer hochtechnologisierten Branche zu tun haben, muss man sich erst einmal einlesen. Das überfordert bereits einen Teil unserer Kundschaft, vor allem wenn diese bereits älter ist und mit Technik bisher nicht sehr viel am Hut hatte. In diesem Fall ist es durchaus vertretbar, dem Kunden diese Arbeit abzunehmen und mehr Zeit darauf zu verwenden, ihm oder ihr die Technik als solches näher zu bringen um die korrekte Handhabe der Geräte zu gewährleisten. In diesem Fall kann es sich sogar nachteilig auswirken, wenn zu viele Geräte zum Test angeboten werden. Denn es entsteht leider das Gefühl, dass der Hörakustiker selbst nicht weiss, was für einen das Beste ist, und man leidet unter den zahlreichen Terminaufgeboten.

Werden Sie sich also in einem ersten Schritt klar, was Sie von Ihrem Besuch beim Hörgeräteakustiker erwarten. Soll die Anpassung schnell vonstatten gehen? Oder möchten Sie gerne über die Einzelheiten der Möglichkeiten Bescheid wissen und sind Sie auch bereit, mehrere Geräte auszutesten und Ihre akustische Wahrnehmung damit zu fordern und auszuloten? Dies sind alles legitime Gründe, die während einer Hörgeräteanpassung diskutiert werden sollten. Ansonsten entsteht leicht Frust bei einem der Beteiligten.

Was nicht unterschätzt werden soll ist nämlich, dass eine Hörgeräteanpassung in den seltensten Fällen in 2-3 Terminen über die Bühne geht. Normal sind auch bei einer nicht vergleichenden Anpassung 5-6 Termine in einem Zeitraum von zwei Monaten.

Mit dem Klangfinder haben wir die Möglichkeit, in einem einzigen Termin einen Überblick über die verschiedenen Hörgeräte-Klangwelten zu verschaffen. Hörgeräte zu vergleichen ist deshalb wichtig, weil die Geräte der verschiedenen Hersteller klanglich unterschiedliche Eigenschaften mit sich bringen. Und über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten.

Kommt hinzu, dass unser Gehirn in einem Zeitfenster von circa 3 Sekunden arbeitet. Prof. Dr. Ernst Pöppel hat den Begriff des „Gegenwartsfensters“ geprägt. So kann auch unser auditorisches Gedächtnis am besten vergleichen, wenn es A-B-Situationen vorgespielt bekommt, bei denen man schnell hin- und herschalten kann. Diese Technik kennen wir auch aus der Audio-Postproduction, wo zwischen verschiedenen Ton-Abmischungen gewählt werden soll. Ihre Ohren entscheiden nämlich in Sekundenschnelle, ob Ihnen ein akustischer Klang gefällt oder nicht.

Das ist etwas ganz anderes, als wenn Sie zwei Wochen lang mit einem Gerät Ihren Alltag leben und dann zwei Wochen lang mit einem anderen… Hier kommt ein Gewöhnungs-Effekt zum Tragen, und ein aktives Vergleichen wird unmöglich. Sie können höchstens für ganz spezifische Situationen unterscheiden, ob Sie sich wohler fühlten mit dem einen oder anderen Gerät. Z.B. wird als solche spezifische Situation oft die Toilettenspülung oder eine Kaffeemaschine genannt. Und seien wir ehrlich: soll der Klang der Toilettenspülung oder Ihrer Kaffeemaschine jetzt ausschlaggebend für den Hörgerätekauf werden? Wohl eher nicht. Beim längeren Tragen von Hörgeräten in der sogenannten Probephase und auch danach kommen nämlich nicht zu vernachlässigende Feinjustierungen zum Einsatz. Eine klangliche Unausgewogenheit kann nachträglich leicht adaptiert werden, so dass sie nicht mehr derart störend auffällt.

Wichtiger jedoch sind erstens die Sprachverständlichkeit und zweitens, ob Sie sich mit der gewählten Klangstrategie wohlfühlen. Ein Hörgerät kann z.B. einen ruhigen Klang haben, oder aber es klingt eher griffig und dadurch werden auch Einzelheiten gut wahrgenommen. Wenn ein Gerät permanent eine störende Geräuschkulisse erzeugt, ist für Sie ein Wechsel angezeigt. Oder wenn die Sprachverständlichkeit trotz Feinjustierung nicht optimiert werden kann.

Weiterführende Lektüre zum Hörgerätekauf finden Sie auch hier:

Besser hören – Wie Sie einen guten Akustiker und das passende Hörgerät finden von Stiftung Warentest (Achtung: die Beiträge für die Krankenkasse beziehen sich auf Deutschland)